Ich hatte meinen damaligen Freund mit seinem übergriffigen und gewaltvollen Verhalten während und nach unserer Beziehung konfrontiert. Ich bat ihn, mir einen Brief zu schicken, in dem er seine Taten zugeben und sich dafür entschuldigen würde. Ich wollte, dass er begreift, was er getan hat, und ich hoffte, dass dies eine Möglichkeit für ihn wäre, sich zu ändern, und für mich, zu verzeihen. Dafür brauchte er zwei Jahre, und als ich 2014 seinen Brief erhielt, wurde mir klar, dass er ihn nur aus Angst vor Konsequenzen geschrieben hatte und dass er kein Ausdruck davon war, dass er mich oder sein Verhalten ernst nimmt.
Der offene Brief einer betroffenen Person sexualisierter Gewalt an die linke Szene Berlins gab mir dann eine neue Perspektive, wie ich mit meinen Erfahrungen nicht allein, sondern kollektiv umgehen könnte. Entscheidend war, dass ein Genosse und Freund mir seine Unterstützung anbot, ohne dass ich danach fragen musste, was ich wahrscheinlich nie getan hätte.